Lebens- & Schreibinspiration

Leben im kreativen Ausdruck

Den ganzen Tag sammeln wir Menschen Eindrücke, ununterbrochen. Die meiste Zeit bemerken wir das nicht bewusst. Eindrücke auf allen Sinnesebenen, die uns prägen, verändern. Aber wir drücken genau diese Eindrücke so selten aus.

Durch bewusstes Kreativsein, durch den Raum, den wir uns geben, Dinge auch wieder herauszulassen aus unserem Inneren, entsteht ein Wechselspiel, das unglaublich bereichernd ist. Zum einen hilft dieses Sich-Ausdrücken, wieder Platz zu schaffen für alle die weiteren Eindrücke, die ungefragt in uns eindringen. Zum anderen lässt es uns staunen darüber, was wir aus diesen Eindrücken machen - auf welch individuelle Art und Weise wir sie verarbeiten. Es hilft uns, uns mitzuteilen - und unser Ausdruck hinterlässt wiederum Eindruck bei anderen! Dadurch verzahnt sich vieles auf eine Art und Weise, die uns Menschen tiefe Verbundenheit spüren lässt.

Wäre der Wunsch danach, sich kreativ auszudrücken, nicht etwas ganz Elementares, ein tief im Menschen verankertes Bedürfnis, würden wir nicht schon als kleine Kinder damit beginnen, etwas zu gestalten und zu verändern nach unseren eigenen Vorstellungen, in Fantasiewelten abzutauchen oder mit den ersten Wachsmalkreiden Erlebtes und Gesehenes auf einem Blatt Papier abzubilden - um es anschließend stolz zu präsentieren. Ebenso ist es mit dem Tanzen. Sehr viele Kinder bewegen sich gern und unglaublich intuitiv zur Musik, das ist pure Freude!

Kinder haben einen sehr leichten Zugang zu ihrer Kreativität - die rechte Gehirnhälfte ist stark ausgeprägt und leitet die ersten Jahre, bis Schulbildung, gesellschaftlicher Anspruch und Berufsleben im Bereich des logischen, lösungsorientierten, pragmatischen Denkens in den Vordergrund drängen und Assoziieren, Fantasieren, Intuition und Freigeist dominieren.
Dadurch kommt den meisten Menschen nach und nach das Bewusstsein abhanden, wie wichtig es ist, die rechte Gehirnhälfte weiter zu bedienen und sich dem Kreativen, Sinnlichen, Emotionalem hinzuwenden. Weil wir alle, wenn wir damit in Berührung kommen, auf ganz tiefe Art das Gefühl von Bereicherung erfahren.

In meinen Schreibkursen erlebe ich genau das: Freude, Staunen, Spaß, Stolz, Verbundenheit, emotionale Berührung, Respekt, Verantwortung, andächtiges Lauschen, Zufriedenheit und Erfüllung. 

Ausdruck und Eindruck.

Das Leben führt Regie - flüstere ihm Ideen zu!

 
Abends im Bett haben mein kleiner Sohn und ich eine Gewohnheit: „Mama, erzählst du mir vom Tag?“ Daraufhin gehe ich Schritt für Schritt unseren erlebten Tag durch, vom morgendlichen Aufstehen bis zum Ins-Bett-Gehen, je nach meinem eigenen Müdigkeitsgrat mit heimlichen Zeitsprüngen. Letztens gähnte mein Sohn im Anschluss: „Und jetzt erzähl mir noch von morgen, Mama, ja?“ Da wurde es mir so deutlich, wie es oft nur mit Kindern zu greifen ist: „Das geht nicht. Wir wissen ja noch gar nicht, was wir erleben werden! Davon können wir erst morgen Abend wieder erzählen…“. Mein Sohn nickte weise, kuschelte sich in seine Decke und schloss zufrieden die Augen. Ganz einfach.
Wann haben wir aufgehört, frisch und frei in den neuen Tag hineinzuleben, offen für alles, was sich da entfalten mag? Wir Erwachsenen machen Pläne - und wir glauben an sie! Aber das heißt nicht, dass es auch so kommen wird. Zwei Paar Stiefel sind das.

Die Mutter einer Freundin hatte viele Jahre mit Krebs gekämpft. Wenige Male habe ich sie getroffen, immer war ich beeindruckt von der Offenheit und Fröhlichkeit, die sie ausstrahlte. Und ihren alten orangenen Golf übernahm ich eines Tages von Herzen gern. Als diese Frau dann im Sterben lag, erzählte mir meine Freundin, ihre Mutter und sie seien dabei, Sterbekarten zu gestalten. In bunten Farben. Und mit nur einem Satz darauf: DAS LEBEN FÜHRT REGIE. Mir kamen die Tränen bei diesen vier Worten. So vieles schien in ihnen auf schlichteste Weise verpackt: Erkenntnis. Demut. Etwa sogar ein kleines Schulterzucken? Tief beeindruckt vom Prozess und der Stärke dieser sterbenden Frau behielt ich den kleinen Satz von da an ganz tief in meinem Herzen.

Regiearbeit, Schauspiel, Theater… das war lange meine bunt schillernde Liebe. Tagelang saß ich im abgedunkelten Zuschauerraum, lauschte gebannt den Änderungsvorschlägen der Regisseurin und beobachtete, wie sich Wirkung und Ablauf auf der Bühne dadurch in eine andere Richtung verschoben. Nur das Drehbuch an sich – das wurde in dieser Arbeitsphase nicht mehr umgeschrieben, es stand bereits. Das Leben geht da radikaler vor. Es wirft komplette Lebensentwürfe über den Haufen, streut Schicksalsschläge ein, ebenso glückliche Fügungen, kleine und große Überraschungen, initiiert Begegnungen und Irritationen. Und es fragt nicht, geht vorab nicht in Dialog mit uns Menschen. 

Immer häufiger begreife ich diesen Satz inzwischen so: Ja! Das Leben führt die Regie. Aber wir können ihm zuspielen. Als Regieassistenz sozusagen. Vorschläge machen, Angebote. Eventuell greift das Leben sie auf, fügt neue Figuren auf der Bühne hinzu, neue Erkenntnisse, Jobmöglichkeiten, Freundschaften, Orte, Kinder… seine Trickkiste ist unendlich. Andersherum gilt: Ohne Angebote weniger Möglichkeiten, die sich auftun können. Wünsche, die immer nur im Verborgenen schlummern dürfen und nie das Tageslicht erblicken, kann das Leben nicht weiterspinnen. Die Geschichten von Menschen, die jedoch kleine und große Träume angehen, darüber sprechen, ausprobieren, wagen – die werden oftmals so ungeheuerlich, dass sie zum beliebten Gesprächsstoff mutieren! Denn es scheint, als wären diese Menschen belohnt worden vom Leben für ihren Mut, ihr Vertrauen, ihr Sich-Ausprobieren, indem dieses eine ordentliche Prise an glücklichen Fügungen darauf streute. Frei nach dem Motto:
„Vertraue auf das, was Du liebst, und es wird Dich dorthin bringen, wo Du hingehen musst.“ 

Auch in meinen Kursen und Workshops zum Kreativen Schreiben zeigt sich diese Einstellung allzu deutlich. Es ist faszinieren: Pläne stehen dem freien Schreibfluss, den Träumen, der Kreativität wie kopfschüttelnde Bodyguards mit verschränkten Armen im Wege. Nichts kann entstehen, kaum eine Zeile wird geschrieben, solang die Schreibenden durchdacht ans Werk gehen wollen. Schaffen wir es aber gemeinsam, mit geschickten Kniffen den Kopf aus- und das Herz einzuschalten – dann gibt es kein Halten mehr. Was nun auf`s Papier fließt, ist fantastisch, genial, beglückend, beflügelnd! Und das Beste daran ist: Oftmals wandern die einmal aufgedeckten Ideen hinüber in das wahre Leben und entfalten sich auf wundersame Weise… Na, hast Du Lust bekommen, mit mir auf dem Papier mutig zu werden?:-)

Das Fazit dieses Textes lautet: Mache Pläne, probiere aus! Trau Dich! Erfreue Dich bewusst daran, wenn die Sache aufgeht! (Und wenn nicht: Macht nix.) 

Vorhang auf für Dein wunderbar buntes Stück!